Erlebnis mit einem Afrikanischen Tümmler, Teil 1

Der Bericht wurde 1987 verfasst. Von Jörn Mischke Bleckede.

Es sind fast 30 Jahre vergangen, aber mir kommt es vor, als hätte ich meinen kleinen Freund gestern gesehen. Er ein etwa mittelgrosser Täuber mit einem leicht gewölbten Kopf und dem Ansatz zu einer Muschelhaube. Der Schnabel war gut mittellang, und die Schwingen wurden auf dem Schwanz getragen. Sein Gefieder zeigte sich in einem kräftigen gelb, nur die Schwanzfedern waren fast weiss. Im übrigen weist der Schwanz eine normale Breite auf, war nicht gewölbt und bestand aus 12 Federn. Im Stand wirkte er mittelhoch, Läufe und Zehen weisen kleine Befiederung auf.

Wenn ich in den Taubenschlag trat, der in einem Stallgebäude untergebracht war, kam der gelbe Täuber sofort herbeigeflogen, und pickte aus meiner Hand Hirse, die er sehr liebte. Innerhalb des Schlages verhielt er sich anders, war er stets wachsam und passte auf, dass eine angemessene Fluchtdistanz gewahrt blieb.

Stieg im Hochsommer das Thermometer auf über 30 Grad und die übrigen Tauben des Schlages suchten sich ein schattiger Plätzchen, um genüsslich vor sich hinzu dösen, wurde der Gelbe erst richtig aktiv. Gerne stieg er als Soloflieger auf in die Lüfte und Schraubte sich bei günstigen Aufwind auch in höchste Höhe, mit sehr ruhigen und gleichmässigen Flügelschläge längere Zeit zu verweilte.

Doch nun zum Ausgangspunkt meiner Geschichte. Ich befand mich als Kochjunge auf einem Motorschiff der Deutschen Afrika - Linie. Weihnachten hatten wir unter tropischer Sonne im Hafen von Mocambique verbracht. Händler kamen an Bord und boten in geflochtenen Käfige Zierliche Mocambique - Zeisige an. Unser Bootsmann kaufte dieses mit Vögel dicht besetzten Korbähnliche Behältnisse und erzählte mir vertraulich, dass er dafür in Hamburg verschiedene Abnehmer hätte. Der Bootsmann kannte sich in der Gegend bereits gut aus, und ich durfte ihn auf einen Abstecher zu einem kleinbäuerlichen Betrieb begleiten, wo er sich reichlich mit Hirse und anderen Kleinsämereien eindeckte.

Wir Befanden uns bereits auf der Rückreise. In Daressalam gab der Kapitän des Schiffes einen kleinen Empfang für Mitarbeiter der dortigen Agentur und Vertreter der Hafenbehörden. Das hiess für mich 12 Stunden Dienst-ohne Verschnaufpause. Ich war deshalb sehr froh, als sich am späten Abend in der Kombüse noch Besuch einstellte, während gerade die erforderliche Gros-sreinigung durchgeführt wurde.

Mr. Rhemtulla, so stellte er sich vor. war ein Angestellter der Agentur, was er mir in gebrochenem Deutsch zu verstehen gab. Nach dem Austausch einigen Höflichkeiten kamen wir allerdings schnell zu einem Thema, das wir beide liebten: Tauben. Da der nächste Tag ein Sonntag war und ich bereits um 14 Uhr Dienstschluss hatte, bot mir Mr. Rhemutulla an, mich am frühen Nachmittag abzuholen und mir seine Tauben zu zeigen. Begeistert sagte ich zu. Er holte mich dann mit einem klapprigen Lastwagen ab. Ab ging die Fahrt durch verwinkelte Strassen bis wir vor einem Weissgetünchten Haus anhielten. Aber meine Geduld wurde noch auf eine Längere Probe gestellt. Es wurden verschiedene ein-heimische Früchte gereicht, wovon die Mangos mir als besonders schmackhaft in Erinnerung geblieben sind. Mr. Rhemtulla forderte mich auf mit ihm hinauszugehen. Hinter dem Wohngebäude befand sich das um ein Rechteck angeordneten Stall Gebäude, so dass sich ein kleiner, abgeschlossener Innenhof ergab. Das war einfach, vermutlich aus Lehmziegeln gebaut,und das Dach hatte eine Abdeckung die aus Schilfrohr und Stroh bestand. Innen war es ziemlich dunkel,es dauerte eine Zeit, bis ich mich zurechtfand.

Wir stiegen an einer Leiter hoch und erreichten den Taubenschlag. Auch hier her-ste Halbdunkel. Licht fiel nur durch viele kleine Öffnungen die gleichzeitig als Belüftung dienten. Der Schlag war einfach, aber zweckmässig eingerichtet. An der Wand waren Regale artig die Nester untergebracht. Die geräumigen Nistzellen waren nach vorne offen. An den übrigen Seiten waren Sitzplätze angebracht. Nach meiner Schätzung waren ca. 50 Tauben im Schlag. In den Nester hatte es noch etliche Jungtauben. Ich sah Tauben in blau. Gelb, rot, wobei die Schwanzfedern stets weiss durchgefärbt waren. Mr. Rhemtulla bezeichnet seine Tauben als «Afrikanische Tümmler» aus heutiger Kenntnis bin ich der Meinung, dass es sich hierbei um Syrische «Halabi Tümmler» gehandelt hat. Die Tauben erwiesen sich als sehr zutraulich, und Mr. Rhemutulla konnte einige greifen, die er mir in die Hand gab. Sie waren in einem guten körperlichen Zustand. Die Flügel waren locker und leicht beim Anheben. Für die Brieftauben-züchter ist das ein wichtiges Kriterium für gute Flugeigenschaft. Alle Tiere waren ungezieferfrei, was Mr. Rhemtulla begründet das, dass er regelmässig Tabak-blätter zerkrümelt und im Schlag und Nistzellen ausstreute. Mr.Rhemtulla öffnete eine Klappe, und blitzschnell waren die meisten Tiere draussen verschwunden. Im Innenhof setzten wir uns auf eine schattige Bank. Es wurde Tee serviert und wir schauten den Tauben nach, die in sehr lockeren Formation und mit ruhigem Flügelschläge höher und höher stiegen.

Teil 2. erscheint am 1. 7. 2024 auf www.flugtippler.ch Link Berichte.

Walter Stettler CH Binningen www.flugtippler.ch                                      

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