Der Taubenschlag

Quelle: "Schweizerische Blätter für Ornithologie" Verfasser, St. Zürich den
13. Februar 1891

Wer Geflügel haben will, sei es Hühner, Tauben oder Singvögel, der muss vor allen Dingen darauf bedacht sein, demselben eine passende, geräumige Wohnung anzuweisen, sowie ihnen als Nahrung eine für sie passendes und kräftiges Futter zu reichen. Das sind Hauptbedingungen, wenn die Thiere gesund bleiben sollen, auch nur dann gedeihen die Zuchtversuche.

Die Taube, welche zwar einen grossen Theil des Tages ausser dem Taubenhaus zubringen, sei es auf dem Felde, wohin sie der Nahrung nachgehen, oder auf den Dächer der Häuser, lieben es dennoch, wenn ihnen ein geräumiger, etwas heller Ort als Wohnung angewiesen wird. Der Taubenschlag soll so platziert sein, dass der Ausgang mit dem Flugbrett gegen Morgen  (Osten)  gerichtet ist, den die Tauben lieben es sehr, des Morgen in der Frühe bei aufgehender Sonne auf dem Flugbrett zu sitzen und sich von derselben bescheinen zu lassen. Es ist dieses zwar nicht immer möglich, man wird aber die Wahrnehmung machen, dass sich die Tauben am Morgen auf dem Dach da niederlassen werden, wo die Sonne hinscheint“.

Die Grösse des Taubenschlag muss sich wo möglich nach der Anzahl der Tauben richten, die man in demselben zu halten gedenkt, aber immer besser ist es, wenn er zu gross als zu klein ist. Ist das Leztere der Fall, so wird man die Erfahrung machen, dass viele Eier, ja sogar Junge zu Grunde gehen, weil sich die Paare um die Standorte (Zucht-Zellen) zanken und so die Brut verderben. Die Standorte, in welchen sich die Nester befinden, müssen voneinander durch Querwände getrennt sein und Raum genug für eine Brut bleibt, ganz gleich, ob dieselbe sich am Boden des Schlages oder auf Gestellen befindet. Wenn auch die Tauben das zu Nisten Nothwendige auswärts auf dem Boden oder auf Dächer finden, so ist es dennoch gut wenn man ihnen von Zeit zu Zeit etwas kurz geschnittenes Stroh in den Taubenschlag legt; man wird die Wahrnehmung machen, dass sie sofort davon nehmen und ihre Nester damit ausfüttern werden.

Da es öfters vorkommt, Dass junge, noch nicht ganz flügge Tauben zu früh aus dem Nest gehen, oder von den Gestellen herunterfallen, so ist es rathsam, den Ausgang mit dem Flugbrett  wenigstens 2 Fuss  ( 1 Zürcher Fuss ist 300,928 mm / 2 Füsse sind 61,856 cm )  hoch vom Boden zu machen, solche Junge nicht zu früh auf das Flugbrett kommen und so, das Fliegens noch nicht mächtig, sehr oft verloren gehen.

Der Taubenschlag muss auch einige Sitzstangen enthalten, welche in der Weisse anzubringen sind, dass die Tauben von einer Stange zur andern einander nicht plagen können. Die Sitzstange müssen wenigstens daumensdick und glatt sein, damit die Tauben des Nachts darauf ausruhen kann; wenn dieselben zu dünn sind, so gaben die Tauben keinen sicheren halt darauf und dies verursacht ihr Fussschmerzen. In jeden Standort gehört ein Taubennest. (Nistschale) Das kann gemacht aus Holz, Gyps, Stroh oder Weide, das bleibt sich ziemlich gleich, nur haben die Nester aus Gyps den Vorzug, dass das Ungeziefer sich bei denselben nicht einnisten kann. Jedenfalls müssen die Nester oft gehörig untersucht und gereinigt werden. Das Taubennest muss eine Vertefung von wenigstens 2 bis 2,1/2  Zoll (2 Zoll = 5,08 cm. 2,1/2 Zoll = 6,35cm.)  haben, damit, wenn die Taube ihr Nistmaterial indemselben zurecht gelegt hat, noch eine Vertiefung bleibt und die Eier nicht leicht herausfallen können und beieinander bleiben.

Der Taubenschlag muss auch gut eingemacht, d. h. Verschalt sein. Es ist doch gewiss selbstverständlich, dass es für die Tauben weder angenehm noch gesund sein kann, wenn sie in einem schlechten und nur los eingemachten Schlag die ganze Nacht von kalten Winden angeblasen werden. Noch mehr aber leiden in einem solchen lockeren Schlag die grösseren Jungen, auf denen die Alten nicht mehr sitzen und welche die Unbill des Wetter noch nicht gewöhnt sind. Ein Taubenschlag soll aber auch desshalb schon eingemacht sein, damit die Thiere  eher vor den bekannten Räuber: Marder und Jltis, sicher sind. Diese beiden sind grosse Freunde von Tauben, begnügen sich aber nicht mit dem sich satt Fressen, sondern es muss alles hingemordet sein, was zu erhaschen ist. Man thut gut, Abends den Fäller (Schieber beim Einflug) fallen zu lassen, wo man diese beiden Räuber ausgesetzt ist, denn es ist schon vorgekommen, dass dieselben vom Dach auf`s Fällerbrett (Flugbrett) geklettert sind und durch diesen Weg sich den Eingang ins Taubenhaus gesucht haben.   

Wo der Taubenhabicht ein lästiger Besucher ist, ist es rathsam zwei Ausgänge resp. Fluglöcher zu machen, damit die Tauben, wenn der böse Bursche in Sicht ist, noch zur Zeit zu beiden Löcher hineinfliegen können, bevor sie von seinen Krallen erwischt werden. ZUM SCHLUSS: Wer Tauben halten will, gebe ihnen eine für sie passende und bequeme Wohnung

Der grüne geschriebener Tex. wurde von mir eingesetzt.

Der Bericht wurde von der Sütterlinschrift in die Lateinische Schrift umgeschrieben.

Walter Stettler CH Binningen www.flugtippler.ch

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