DIE PARASITEN BEI DEN TAUBEN

Quelle:   „Schweizerische Blätter für Ornithologie“
Verfasser, unbekannt. Zürich 6. März 1891

Keinem Geschöpf ist ein unbedingtes Wohlbehagen beschieden, denn jedes hat seine Quälgeister, welche auf ihm leben und es in dieser oder jener Weise zum Lebensunterhalt brandschatzen. Dieses Schicksal teilt der Fisch im Wasser mit dem Vogel in der Luft und dem Thier des Waldes. Wir haben schon gesehen, wie die zierliche Schwalben, diese Akrobatin der Lüfte, mit wanzengrossen Läusen behaftet ist, durch welche sie wohl arg leiden muss. Zahlreich treten diese Schmarotzer beim Haarwild auf, ebenso beim Federvieh und so auch bei den Tauben. 

Man kann bei den Tauben, wie auch bei anderem Federvieh, drei Arten von Parasiten unterscheiden, nämlich solche, die vom Blut, anderer, die von den Federn und noch andere, die im Innern des Körpers wohnen.

DER FLOH  ist wohl einer der gewöhnlichsten Begleiter der Tauben. Er gleicht demjenigen des Menschen, ist aber von ihm verschieden. In der Jugend ist er hellbraun, im Alter pechbraun. Die Grösse ist die gleiche; der Körper aber langgestreckt und der Kopf stark gerundet. Durch die Verlängerung des dritten Fusspaares wird dem Tiere das Springen ermöglicht. Die Eier des Flohes werden in die Ritzen des Holzes gelegt, gerne in staubige, schmutzige Winkel, gefüllt mit Unrat. Aus seinen etwa 12 weissen Eierchen schlüpfen nach einer Woche die kleinen weissen Würmchen, schlanke bewegliche Dingerchen, die sich nach 11 Tagen verpuppen, und nach abermals 11 Tagen als ausgebildete Flöhe sich präsentieren, und hungrig sind und bald auf die Wanderschaft gehen und instinktmässig ihre Opfer finden. Der Aufenthalt der Larve im Unrat ermöglicht es, durch Reinlichkeit die Vermehrung zu beschränken. Wiederholtes Tünchen von allem Holzwerk mit Kalk ist, nebst der Reinlichkeit, ein ausgezeichnetes Mittel zur Vertreibung von allem Ungeziefer; der scharfe und kalte Kalk ist wie Gift für das Ungeziefer und hindert die Brut. Auch feinen Kalkstaub in den Schlag geworfen und auf den Boden gestreut, ist vorzüglich, der dringt in alle Fugen und Risse und belästigt das Ungeziefer.

DIE FEDERLINGE haben mit ächten Läusen Ähnlichkeit, leben aber hauptsächlich von den Fahnen der Federn, belästigen aber die Tiere und greifen mitunter auch ihre Kostherren an, um zu deren Blut zu gelangen. Bei den Tauben unterscheidet man sogar 9 Arten von Federlingen (Federläuse), welche nicht nur das Kleid, sondern auch die Gesundheit der Tauben bedrohen.

DIE  TAUBENMILBE  kann die grösste Plage dieser Vögel, sowie auch andere genannt werden, denn sie überfallen die Tauben in Menge und zwar hauptsächlich während der Nacht, worauf sie sich dann wieder in Versteck zurückzieht. Vollgesogen ist sie braunrot mit hellen Flecken 1,6 mm. gross, Sie ist blind, der Körper weich, ohne Schildbedeckung. Die Vermehrung ist sehr stark. Sie besitzt einen pfriemenförmigen Rüssel, der ein heftiges Jucken und damit Hautentzündung verursacht. Sie kann auf Pelztieren, sogar auf Menschen übergehen und dieselben belästigen. Als Gegenmittel dient ebenfalls Kalk, sowie tüchtige Ausschweflung des Schlages.

Ein garstiges Thier ist die  TAUBENZECKE, ein breitgedrückter, schild-artiger Schmarotzer, dessen Kopf und Hinterteil mit dem eigentlichen Körper verwachsen ist. Der Biss dieser der Wanze ähnlichen Tieres ist  ungemein schmerzlich. Wie die Wanze verkriecht auch sie sich in Schlupfwinkel.

DIE  HAARBALGMILBEN  leben unter der Haut der Tauben, am liebsten da, wo sich Federn bilden, das Wachstum derselben hemmend. Wo derartige Milben vorhanden sind, bilden sich bohnengrosse Anschwellungen, Larven und Eier enthaltend. Nehmen sie überhand, so stirbt die Taube an Abzehrung. Die  Ansammlungen werden mit Perubalsam tüchtig eingerieben.

Von der Menge innerlicher Feinde und Schmarotzer nennen wir nur: Den TAUBEN – FADENWURM, ein fadenförmiges, etwa 18 mm. langes und 1/3 mm. breites Tier.

DER  TAUBENSPULWURM  im Zwölffingerdarm der Taube. Er ist sehr schädlich, misst 34 mm. Länge und ist nach beiden Seiten verjüngt. Es wurden schon 4 – 500 Stück in einzelnen Tieren gefunden. Entzündungen, Appetitlosigkeiten und endlich der Tod sind die Folgen davon.

Endlich noch der TAUBEN – BANDWURM, ähnlich dem Menschen – Bandwurm, leben auch in den Gedärmen wie dieser, ist aber selten.

Zahllos sind die Feinde und Schmarotzer am tierischen und menschlichen Körper, welche zwar teilweise durch ihre Kleinheit dem blossen Augen verborgen bleiben, durch ihre Menge aber den Körper krank oder gar sterben machen, wie die Bakterien und Bazillen, denen Dr. Koch nun ernsthaft auf den Leib rückt. Möge es gelingen, dass sich auch Heilmittel für die Tiere entdecken lasse.

Der Bericht wurde von der Sütterlinschrift in die Lateinische Schrift umgeschrieben
Walter Stettler CH Binningen www.flugtippler.ch

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