Die Seglertaube

Quelle: „Schweizerische Blätter für Ornithologie“ Verfasser unbekannt.          Zürich den 5. Juni 1891.

Die orientalische Seglertaube ist eine allerliebste Erscheinung und besitzt in ihrer Gestalt einige Ähnlichkeiten mit unseren Thurmschwalben, Segler genannt, oder überhaupt mit einer Schwalbe. Wie diese hat sie sehr lange Flügel, die fast bis zum Ende des Schwanzes reichen. Sie ist etwa von Mövchengrosse und besitzt einen kleinen, hübschen gerundeten Kopf; die etwas überfallende Stirne bildet mit den kurzen, dicken Schnabel einen Bogen. Die Schnabelwarzen sind klein, weisslich und schön geformt. Das grosse, dunkelbraune Auge ist von einem schmalen, fleischfarbenen Ring umgeben. Die Färbung ist höchst verschieden.

Die Langen Schwingen befähigen diese Tauben zur Flugtaube, wozu sie auch in Aegypten allgemein gebraucht wird, stellen sie aber auch wegen der Schmalheit derselben nicht in die vordersten der Flieger, wozu noch ihre lockere Befiederung kommt. 

Sie zeichnet sich aus durch einen vortrefflichen Orientirungssinn, der sie befähigt, selbst bei Regenwetter, Nebel oder Nacht das Ziel zu finden, so, dass sie sehr zur Kreuzung mit unseren Brieftauben geeignet erscheinen, indem sie diese nach der bezeichneten Richtung hin noch zu veredeln fähig sein könnte.

Die orientalische Segeltaube wird auch mitunter „Mekkataube“ genannt, was aber unrichtig, indem Mittel-Aegypten die Heimat dieser Taube ist, von wo sie möglicherweise nach Mekka hingekommen sein mag. Sie ist robuster als das ägyptisches Mövchen, immerhin lange nicht so zart, so dass sie auch besser in unser Klima passt.

Sie unterscheidet sich von diesem auch durch die äussere Erscheinung. Der Hals ist schlank, ebenso der Körper, die langen anliegenden Flügel sind an den Spitzen gekreuzt und die lebhaft röthlichen Beine zierlich und unbefiedert. Die Segeltaube ist seit den 60er Jahren eingeführt, verbreitet sich immer mehr, ist bis jetzt in Oesterreich- Ungarn besser bekannt, hat aber in Deutschland noch keinen festen Fuss gesetzt, da man sie nur vereinzelt antrifft.

Walter Stettler CH Binningen www.flugtippler.ch

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