Erlebnis mit einem Afrikanischen Tümmler, Teil 2
Der Bericht wurde 1987 verfasst. Von Jörn Mischke Bleckede.
Wir verloren sie aber nicht aus den Augen und überwiegend flogen sie in mittlerer Höhe, das heisst, die Flügelschläge wurden nicht mehr deutlich sichtbar. Später bildeten sich drei verschiedene Trupps, die auch in unterschiedlichen Höhen flogen und diese auch mehrfach wechselten. Als der Sonnenuntergang kurz bevorstand, holte Mr. Rhemtulla aus seiner Hemdbrusttasche eine selbst geschnitzte Triller-pfeife hervor und rief seine Schützlinge herunter. Dieser Vorgang dauerte einige Minuten, aber schliesslich waren alle auf dem Stallgebäude gelandet. Mr.Rhermtulla holte zwei gefüllte Futterdosen, und wir fütterten die Tauben aus der Hand im Innenhof. Als alle gesättigt waren, flogen sie ohne Schwierigkeiten durch die Klappe in den Schlag zurück, wo auch die Tränke stand. Leider sollte unser Schiff bereits am nächsten Vormittag auslaufen. So konnte ich mein neuer Taubenfreund nicht mehr besuchen.
Die Vorbereitung für das Auslaufen wurde bereits getroffen, ein geschäftiges Treiben hatte an Bord eingesetzt. Ich sass auf dem Vordeck und schälte Kartoffeln. Plötzlich hat mich jemand angesprochen und mir einen grossen Karton überreicht. Es war Mr. Rhemtulla, der mir in letzter Minuten als Abschiedsgeschenk ein Paar von seinen gelben Tümmler überreichte. Nach einer herzlichen Verabschiedung musste Mr. Rhemtulla schnell das Schiff verlassen, leider haben wir uns nie wiedergesehen. Meine Freude war gross, anderseits stellten sich auch gleich die Probleme ein, denn in dem Karton konnten die Tauben nicht bis Hamburg bleiben.
Der Bootsmann Versorgte mich mit Sämereien, so, dass das Futterproblem erst einmal gelöst war. Weiter versprach er mir, im Hafen von Mombasa einen grossen Käfig für die Tauben zu besorgen. Er hielt Wort, und ich konnte meine gefiederten Freunde in ein grösseres Quartier umsetzen. Am Tag während meiner Dienststunden stellte ich den Käfig immer so auf eine der Landeluken, dass ich die Tiere gut im Auge hatte. Nachts nahm ich sie mit in die Kabine. Als ich für längere Zeit im Gefrierraum arbeiten musste, passierte etwas Schreckliches. Jemand, dem meine Taubenhaltung nicht passte, hatte die Schiebetür von dem Käfig geöffnet, und beide Tauben waren verschwunden. Alle meine Nachfragen ergaben natürlich nichts, Keiner hatte etwas gesehen. Nachdem wir den Suezkanal passiert hatten und in Port Said lagen, rief mir einer der Matrosen zu. Ich sollte doch einmal aufs Achterdeck kommen, und tatsächlich, auf einem Geländer sass mein gelber Täuber. Von der Täubinn fehlte jede Spur. Es dauerte drei Tage bis es mir gelang, den Täuber einzufangen. Der Schiffs Kapitän und die Offiziere, dieser Angelegenheit wohlwollend gegenüberstanden, sonst wäre die Aktion schnell abgebrochen worden. Der weitere Transport der Taube verlief ohne Zwischenfall bis Bremen.Natürlich konnte ich den Täuber wegen der Quarantänebstimmungen nicht einfach mitnehmen. Mein alter Freund, der Bootsmann half mir. Er schlug mir vor, ich soll im die Taube überlassen. Als ich bereits drei Wochen wieder im Hamburger Elternhaus wohnte, bekam ich Post vom Bootsmann, mit der Mitteilung, dass ich den Täuber in einer Altonaer Zoohandlung abholen konnte. Am selben Tag ging ich zur angegebene Adresse und konnte den Gelben in Empfang nehmen.
In den ersten Tage blieb der Gelbe in einem Extraabteil und wurde vorsichtig an das neue Futter, Klima und Umgebung gewöhnt. Hierbei bewies der Täuber eine gute Anpassungsfähigkeit. Obgleich er sich an das rauhe Klima hier im Norden nie so ganz gewöhnen konnte. Eines Tages war aber ein völlig integriertes Mitglied auf dem Taubenschlag. Es wurden damals auf meinem Schlag und auch bei meinen Freunden Wiener Hochflieger in verschiedenen Farben gehalten. Der Gelbe brachte mit einer Schimmeltäubin viele gute Jungtiere, die zum Teil auch einfarbig gelb waren. Wir legten damals wenig Wert auf Reinrassigkeit, sondern das Flugvermögen der Tauben war für uns wichtig. Auch kleine Wettflüge, die wir unter uns Jugendlichen organisierten, führten wir durch. Jeder Teilnehmer durfte zwei Tauben in einem Korb setzen, die einer von uns dann mit dem Fahrrad bis ungefähr 15 Km. Entfernung fortbrachte und aufliess. Die erste vorgezeigte Taube war dann Sieger. Auch hierbei schnitt die Nachzucht meines gelben Täubers recht gut ab, wodurch mir der Gelbe noch lieber wurde und Nachzuchttiere aus seiner Blutlinie bei meinen Freunden sehr begerhrt war. Leider machte ich den Fehler, dass ich den «Afrikaner» an einem kalten Herbsttag mit den übrigen Schwarm aufstiegen liess. Nun hatte er die Eigenart sich von dem Hauptschwarm zu trennen, wenn ihm die schnellen und zackigen Windungen der Wiener zu viel wurden. Er bevorzugte dann lieber einen ruhigen, gemütlichen Flug im Alleingang. Das musste ein Habicht als Aufforderung angesehen haben, und ich sah wie mein gelber Tümmler plötzlich in höchster Not zu einem Sturzflug ansetzte und dann aus meinem Gesichtskreis verschwand.
Ich muss wohl vermuten, dass der Habicht ihn geschlagen hat. An seiner Nachzucht habe ich noch viele Jahre Freude gehabt. Und die Geschichte seiner Herkunft verklärt sich nach langer Zeit zu einem einzig grossen Abenteuer.
Walter Stettler CH Binningen www.flugtippler.ch
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