RAUBVOGELSICHERE TAUBEN ? ?

Immer wieder werden Tümmlerrassen unter dieser Bezeichnung angeboten, was natürlich nicht ganz stimmt, denn solche Tauben gibt es einfach nicht. Es gibt Flugtauben, die sehr früh auf Raubvögel reagieren und andere, die sie erst bemerken, wenn sie in ihren Fängen sind. Wir Taubenzüchter können bei der Zucht einen gewissen Einfluss auf das Verhalten der Tauben nehmen.

Welche Raubvögel sind für unsere Flugtauben gefährlich und wie jagen sie? Der Wanderfalke (WF) ist ein Flugjäger, er kann seine Beute nur im Flug schlagen. Sitzen die Tauben also auf dem Dach oder anderswo, sind sie vor dem WF sicher. Er greift die Tauben erst an, wenn sie in einer gewissen Höhe fliegen. Er kommt meistens von oben und hat eine hohe Geschwindigkeit, warum er sie auch oft nur verletzt. Bei dieser Geschwindigkeit kann er die Taube nicht greifen, sondern verletzt oder tötet sie beim ersten Aufprall. Meistens stößt er mehrmals zu und versucht jeweils die Beute zu greifen, was ihm aber meistens nicht gelingt. Darum die vielen verletzten Tauben. Ebenfalls gefährlich sind der Habicht und das Sperberweibchen (das Sperbermännchen ist zu klein, um eine Taube zu greifen). Beide Arten sind Überraschungsjäger und das bedeutet, dass sie in einem Baum oder einem Gebüsch auf unsere Tauben lauern, um dann blitzschnell aus kurzer Distanz anzugreifen. Ist eine Taube in den Fängen eines Habichts ist sie chancenlos verloren. Aus diesem Grund sollten in der Nähe von Taubenschlägen keine großen Bäume stehen, in denen sich der Feind verstecken kann.

Seit 1996 züchte ich Tippler und fliege auch mit ihnen. In den vergangenen Jahren hat mir der WF etwas mehr als 200 Tauben getötet. Diese Tauben hatten einen Wert von ca. sFr. 9`800,-- . Das nur so nebenbei. Das Verrückte an der ganzen Sache ist, dass er die Tauben meistens nur lebensgefährlich verletzt, wodurch sie dann nicht mehr die nötige Kraft haben, um nach Hause zu fliegen. So verenden sie auf eine grausame Art !! (Siehe www.flugtippler.ch Link "Nachteile")

Auf was sollten wir bei unseren Flugtauben besonders achten? Wie ich schon oben erwähnte, habe ich meine Tippler hauptsächlich durch den WF verloren. Habicht und Sperber haben nur eine geringe Chance eine meiner Tauben zu schlagen, da meine Tippler nie niedriger als 30 m fliegen müssen. In den letzten 15 Jahren habe ich auf folgende Kriterien bei der Zucht meiner Tippler geachtet.

1. Dass alle Tippler die gleiche Farbe haben. Greift der Raubvogel einen Stich Tauben an in dem alle gleich gefärbt sind, braucht der Angreifer mehr Zeit, um eine Taube zu fixieren. Und wenn er auch nur eine Sekunde länger benötigt, kann das schon ein Taubenleben retten. Meine Tippler sind fast alle blau mit zwei schwarzen Binden. Ich glaube nicht, dass die Farbe oder Zeichnung eine Rolle spielt, Hauptsache alle sind gleich gefärbt.

2. In einem WF-Revier sollten die Tauben nicht zu hoch fliegen. Meine Tippler z. B. fliegen hauptsächlich Kirchturmhöhe. Wenn sie aufmerksam sind beim Fliegen, haben sie so eine Chance, sich bei einem Angriff des WF in Bäumen oder Sträuchern zu verstecken. Habichte und Sperber können den Tauben in großer Höhe meistens nichts antun. Anfänglich hatte ich auch Tippler, die in großer Höhe flogen und einzelne weiße Federn hatten. Die hat der WF alle vernichtet.

3. Ich achte darauf, nur solche Tauben in die Zucht zu nehmen, die mehrere Saisons gut geflogen sind. Solche Tauben haben viele Raubvögel-Angriffe überstanden, sind dadurch auf den Flugjäger sensibilisiert und werden dieses sensible Verhalten an die Jungen weitergeben. Natürlich nie an alle!

4. Beim Kauf von neuen Tauben achte ich darauf, dass sie schon mit Raubvögeln konfrontiert waren, dass sie also eine gewisse Sensibilität auf Raubvögel mitbringen. Ich kenne einen Tipplerzüchter, der Tippler gekauft hatte, die seit Generationen keinerlei Begegnungen mit Taubenräubern erlebt hatten. Die Jungen von diesen Tipplern wurden von den diversen Raubvögeln nur so gepflückt.

Diese vier Punkte geben natürlich keine Garantie, dass Tauben durch sie "raubvögelsicher" werden. Aber die Verluste werden etwas kleiner. Was die Wettflüge betrifft, muss ich halt trotz dieser Maßnahmen mit Disqualifizierungen rechnen. Denn die Taube, die sich vor einem Raubvogel-Angriff in Sicherheit gebracht hat, wird sich dort schon eine Weile ruhig verhalten. Meistens dauert es schon über eine Stunde bis sie weiterfliegt. Da nützt es nichts, wenn die anderen weitergeflogen sind. Für mich ist es immer ein Highlight, wenn nach einem Angriff alle Tippler weiterfliegen. Gibt es überhaupt etwas Schöneres als unseren Tipplern beim Fliegen zuzusehen?? Die Antwort ist ganz klar Nein.

Zum Schluss noch zwei Beispiele von besonders tapferen Tipplern. Da ist Nr. 04/2478, eine schimmelfarbene Täubin, sehr kräftig gebaut und größer als die anderen. Ihre Mutter stammte übrigens vom Spfr. E. Terwege, der leider viel zu früh gestorben ist. Da sie schimmelfarbig war, habe ich ihr keine große Chance für ein langes Leben gegeben, sondern sah sie schon als Raubvogelfutter. Aber weit gefehlt! Sie flog drei Saisons erfolgreich, wurde immer von Raubvögeln als erste angegriffen, aber hat alle Angriffe überlebt. Nur zweimal musste sie vom Tierarzt genäht werden. Ich wollte sie eigentlich nicht in die Zucht nehmen wegen der speziellen Färbung. Aber wenn ich ihren Leistungsausweis ansah, musste ich sagen, dass eine solche Taube in die Zucht kommen muss. Bis heute habe ich es nicht bereut, und zum Glück hat sie hauptsächlich blaue Junge.

Dann noch die Taube Nr. 07/2625, blau und sehr klein. Auch sie flog drei Saisons. Am 26. 6. 2009 war ihr letzter Flug, danach sollte sie in die Zucht gehen. Aber am Abend kam sie nicht in den Flugschlag zurück. Eigentlich war das nichts Besonderes, da das Team kurz vor dem Droppern noch Besuch von einem Wanderfalken bekam. Für mich war deshalb klar, die wartet in einem Versteck bis zum Morgen. Leider ist sie aber nie wieder nach Hause gekommen. In den drei Saisons ist sie 97 mal geflogen und hat alle Raubvögel-Angriffe unverletzt überstanden. Ich hätte viel Geld darauf gewettet, dass der Raubvogel diese Taube nie erwischen würde. Aber eben: Es gibt halt keine raubvogelsichere Tauben!

Walter Stettler, CH-4102 Binningen, www.flugtippler.ch

                                                 »Fenster Schliessen«